Am 9. September 2022 war es endlich wieder soweit: nach den Pandemiebedingten Ausfällen konnte wieder eine Exkursion stattfinden. Immerhin 13 Leute waren dabei. Es war eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Arbeitskreis Kaltwasserfische und Fische der Subtropen (AKFS). Diesmal ging es zu Dr. Kai Lorkowski im ZAF, dem Zentrum für Aquakulturforschung, welches im AWI in Bremerhaven integriert ist. Dort geht es darum, wie Fische und Garnelen nachhaltig und effizient in geschlossenen Kreislaufanlagen nachhaltig und effizient gehalten werden können, um die steigende Nachfrage nach Fisch alternativ zum Lebendfang und -haltung in Meeren und Süßgewässern in Zukunft zu gewährleisten. Dies in technischer Hinsicht als auch in Fütterungsfragen. Zum Selbstverständnis des ZAF: „Unsere Projekte, Ergebnisse und die daraus entstehenden Produkte, zielen auf eine nachhaltige, tier- und gesellschaftsgerechte Aquakulturproduktion ab. Dabei sind Aspekte wie ökonomische Produktivität und Ernährungssicherheit stets Bestandteil unserer Konzepte. Stagnierende Erträge in der Fangfischerei und die mannigfaltige Nutzung der küstennahen Gewässer und der damit verbundenen Schadstoffbelastung führen der Gewinnung aquatischer Produkte aus sicheren und nachhaltigen Quellen eine stetig zunehmende Bedeutung zu. Es besteht also großer Bedarf an zukunftsweisender Aquakulturforschung.“
Es wurde uns vor Ort veranschaulicht wie in relativ kleinen Wasservolumen gesunde Fische durch z.B. optimierte Filtereinsätze und eine immer weiter zu entwickelnde Zusammensetzung des Futters gezogen werden, wobei Fischgesundheit und Wirtschaftlichkeit zueinander finden. So besteht die Tendenz in der Futterentwicklung dahin, ein schnelles Wachstum der Fische bei guter Fleischqualität zu erzielen bei möglichst geringer Abwasserbelastung.
Dr. Lorkowski holte in der Einführung weit aus und besprach die verschiedenen Formen der Aquakultur: von Teichanlagen (vor allem in der Lausitz und in Bayern) mit Karpfen (vor allem in der Lausitz und in Bayern) und Regenbogenforellen, Bachforellen und sog. Lachsforellen (vor allem in Bayern) über die Miesmuschelkultur im Küstenbereich bis hin zu im Meer verankerten Netzgehegen für Lachse (vor allem in Norwegen) und Goldbrassen (Mittelmeer und Kanaren).
Aktuell in den Versuchsbecken befanden sich Lachs, Zackenbarsch der Art Epinephelus lanceolatus und die White Tiger Garnele Litopenaeus vannamei. Noch nicht besetzt waren die Becken für Goldbrassen Sparus auratus - auch Doraden genannt. Die Becken für die Doraden wurden gerade neu vorbreitend justiert mit Salzlösung, d.h. es wurde Natriumcarbonat Na2CO3 verwendet, damit lässt sich der pH-Wert gut stabilisieren. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs lag der bei pH 8,13 und soll noch auf ca. pH 8,3 gebracht werden. Na2CO3 ist preiswert und ermöglicht den Betrieb einer Kreislaufanlage mit marinen Organismen auch im Binnenland. Für die weitere Wasseraufbereitung sind angeimpfte spezielle Bakterien, Schmutzfilter, Trommelfilter und Abschäumer ähnlich wie in einem heimischen Meeresaquarium - nur viel größer - zuständig. So werden schädliche Stickstoffansammlungen vermieden. Ein Wasserwechsel zur Minderung der Konzentration an Schadstoffen wird damit im ZAF nicht notwendig, nur verdunstetes Wasser ist zu ersetzen. Der geringe Wasserverbrauch ist neben der Platzsparenden Produktion als Pluspunkte einer Kreislaufanlage zu nennen.
Dass Doraden und Garnelen in der Aquakultur verbreitet sind war sicher dem einen oder anderen Teilnehmer schon bekannt, aber Riesenzackenbarsche? Im ZAF waren halbwüchsige Zackenbarsche der Art Dunkler Riesenzackenbarsch (ursprünglich aus dem Indo-Pazifik) zu bewundern. Sie können über zwei Meter lang werden, werden in Kultur aber nur bis zu einem gewünschten Schlachtgewicht gezogen, Futteraufwand und Zuwachs stimmen halt nur bis zu einem gewissen Alter. Als halbwüchsige Tiere hatten sie noch einen größeren Gelbanteil, der sie hübsch aussehen lässt. Dieser verliert sich aber bei Alttieren. Sie ließen schon beim Anblick von oben in die Bassins ihre Kraft erahnen, die in ihnen steckt. Besonders wenn sie Futter erwarten. So hat ein Besucher einen Wasserschwall ins Gesicht durch ein hungrig und aufgeregt an der Wasseroberfläche plätscherndes Exemplar abbekommen. In Asien ist dieser Fisch schon ca. seit dem Jahre 2000 in Kultur, nun wird an dieser Art auch im ZAF geforscht.
Die Becken für die Doraden waren seitlich mit feinmaschigen Netzwänden, die für die Zackenbarsche und Lachse mit über die oben offenen Becken gespannten Netzen versehen. Die Garnelen wurden in Aquarien gehalten.
Wir danken Herrn Dr. Kai Lorkowski für die Führung und seine kundigen Auskünfte.
Hans-Joachim Scheffel (26. Oktober 2022)
- Die Zackenbarsche können in Erwartung von Futter für überraschend reichlich Wasser außerhalb des Bassins sorgen